Auf Wiedersehen
Die Koffer standen gepackt im Flur, die Umzugshelfer hatten jede Kiste in ihrem Truck gestapelt und auch sonst war alles bereit zum Aufbruch. Nur ich stand noch im Wohnzimmer, das so komplett ohne Möbel, ohne Bilder an den Wänden und Bücher in den Regalen sehr einsam aussah. Fast könnte man vergessen, dass das hier das Haus war, in dem ich Laufen gelernt hatte. Hier hatte ich meine ersten Worte gesprochen, Hausaufgaben gemacht und in meinem Zimmer meine Lieblingsalben rauf und runter gehört. Ich hatte hier geweint und gelacht und gebrüllt. Gefeiert und geschwiegen. So viel von mir war in diesem Haus und würde für immer hier bleiben, auch wenn ich es verlassen musste. Ich konnte es kaum richtig begreifen, dass das hier wirklich ein endgültiger Abschied war. “Auf Wiedersehen”, sagte ich in den kargen Raum und meine Stimme hallte seltsam laut wider von den weißen Wänden. Ich erwartete keine Antwort und eigentlich war es eine Lüge. Es würde kein Wiedersehen geben, höchstens kurze, sehnsuchtsvolle Blicke von weitem, wenn ich in zwanzig Jahren zufällig an dem alten Haus vorbeifahren würde. Falls ich es überhaupt noch erkennen würde. Mit den Fingern fuhr ich über den Türrahmen, während ich in den Flur trat. Das hier fühlte sich einfach nicht richtig an. Doch es war notwendig. In einer Stunde ging mein Zug, in eine neue Stadt, in eine neue Wohnung. Dieser verdammte Job. Ich hatte nicht umziehen wollen, mein ganzes Leben hatte ich in diesem Ort, in diesem Haus verbracht. Meine Eltern hatten es als junges Pärchen gekauft und mir bei ihrem viel zu frühem Tod vermacht. Seitdem wohnte ich alleine hier und es war die einzige Verbindung zu ihnen, die mir noch blieb. Also verließ ich indirekt gerade nicht nur das Haus, sondern auch jede bewahrte Erinnerung an sie, die sich hier abgespielt hatte. Wie meine Mutter mir Lesen am Küchentisch beibrachte. Wie mein Vater mich im Garten durch die Luft wirbelte. Das ließ ich zurück und lief auf eine komplett unbeschriebenes Blatt Zukunft zu. Das konnte natürlich eine neue Chance sein, ein Abenteuer. Und doch tat es verdammt weh. “Auf Wiedersehen.”, sagte ich erneut als ich meine zwei Koffer nahm und aus der Haustür trat. Ich wusste ich würde das hier vermissen. Ich drehte mich ein letztes mal um und nahm das Bild des Hauses in mir auf, dann lief ich los und blickte kein zweites Mal zurück. Vielleicht lief eine Träne über meine Wange. Vielleicht.